Zurück

Schweizer Bauer

15.5.2022

Der Guerillagärtner von Züri

Zwischen März und Oktober gibt Maurice Maggi der Stadtnatur mit seinen Blumengraffiti eine Stimme.


Text Angela Bernetta
Bild Gustavo Nagib

Im Frühling ist Maurice Maggi mit Pflanzensamen in der Hosentasche überall dort unterwegs, wo er Trostlosigkeit und Einöde im öffentlichen Raum verortet. Seit den 1980er-Jahren gibt der gelernte Landschaftsgärtner und Koch der Stadtnatur mit seinen Blumengraffiti eine Stimme. Besamt Nischen und Plätze mit Wildblumen und -kräutern in Eigenregie. «Pflanzen verändern den öffentlichen Raum. Stadtnatur schafft Begegnungsmöglichkeiten und fördert lokales Denken und Handeln», ist er überzeugt.

Und seine Botschaft kommt an. Er gilt als einer der Wegbereiter des Urban Gardening in der Stadt Zürich. Auch der Fachwelt blieb seine sanfte Revolution nicht verborgen. Mittlerweile klopfen Architektinnen und Landschaftsgärtner ratsuchend an oder lassen ihn an Vorträgen, in Stadtrundgängen oder Kursen sein Wissen vermitteln.

Maurice Maggi will mit seiner floralen Revolution unser Bewusstsein schärfen und lokales Handeln fördern.

Gärtner und Koch

Nebst seiner Aussaat versteht der passionierte Koch seine Kochbücher als konstruktiven Beitrag an die Umwelt. Erschienen sind bis heute «Essbare Stadt», «Einfache Vielfalt» und «Misch & Masch». Sie zeigen, wie man seine rund 70 einheimischen Wildpflanzen und -kräuter, die er regelmässig ansät, verwerten kann. Ein weiteres Buchprojekt mit kreativen und unkonventionellen Rezepten sei in Arbeit. «Es befasst sich mit einer persönlichen kulinarischen Zeitreise, zusammengefasst in Kurzgeschichten», verrät er.

«Bauern und Landwirtinnen sollen als Unternehmer in Eigenverantwortung agieren, ihre Produkte selbst vermarkten und verkaufen können. Es befasst sich mit einer persönlichen kulinarischen Zeitreise, zusammengefasst in Kurzgeschichten.»

Was Maggi in der Stadt erreichen will, wünscht er sich auch für die hiesige Landwirtschaft: mehr Vielfältigkeit. Der Strategie der aktuellen Schweizer Agrarpolitik begegnet der 68-Jährige mit Skepsis, sieht die staatlichen Subventionen eher als Gefahr denn als Nutzen für die Landwirtschaft. «Es wird sehr viel Geld ausbezahlt, das an genauso viele Bedingungen geknüpft ist, was enorm viel Papierkram generiert und unheimlich viele Leute beschäftigt, die zunehmend auch noch den Überblick verlieren.»

Um der ausufernden Bürokratie und den unerwünschten Folgen der Zahlungen entgegenzuwirken — mit dem heutigen System könne kein Strukturwandel stattfinden —, schlägt Maggi ein bedingungsloses Grundeinkommen für die Bäuerinnen und die Landwirte vor. Dieses soll sich an der Höhe der monatlichen Subventionen orientieren, aber an keine Vorschriften geknüpft sein, die keinerlei Bewegungsspielraum lassen.

Verwaltung entschlacken

«Bauern und Landwirtinnen sollen als Unternehmer in Eigenverantwortung agieren, ihre Produkte selbst vermarkten und verkaufen können.» Gemäss Maggi könne sich daraus eine vielfältigere Landwirtschaft entwickeln, die sich an Eigenständigkeit, Kundenbedürfnissen, Umweltschutz und unkomplizierten Abläufen orientiert. «Und der riesige Verwaltungsapparat würde entschlackt, was wiederum Kosten sparen könnte», ist Maurice Maggi überzeugt.

PDF herunterladen

No items found.